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Encaustic

Was ist Encaustic und warum?

Bei Encaustic handelt es sich, ganz simpel ausgedrückt, um das Zeichnen und Malen mit heißem Wachs. Besagtes Wachs wird mittels heißem Metall auf Papier aufgetragen und anschließend abgekühlt. Früher verwendete man dazu einen erhitzten Spachtel, heutzutage benutzt man sogenannte Maleisen, die von Aussehen und Funktion her an Bügeleisen erinnern.

Encaustic ist eine relativ unbekannte Technik. Dennoch gibt es sie schon seit sehr langer Zeit… Tatsächlich ist Encaustic älter als die Ölmalerei, die wohl bekannteste Zeichentechnik. Im Gegensatz zu Öl- und Aquarellfarben verblassen die in Bienenwachs gefassten Farbpartikel der Encaustic nicht. Daher haben auch sehr alte Bilder, die in dieser Technik gemalt wurden, noch eine sehr gute Farbqualität.

Materialien

Es gibt natürlich Tausende von Geräten, Farben und Hilfsmitteln für Encaustic. Daher werde ich mich bei der folgenden Auflistung auf die Dinge beschränken, die ich selbst verwende:

Das Maleisen

Nein, das ist kein Bügeleisen! Maleisen sind speziell darauf angelegt, Wachs zu schmelzen und aufzutragen. Sie sind klein und handlich, um sanfte Bewegungen zu ermöglichen. Außerdem werden sie nicht so heiß wie reguläre Bügeleisen. Sie erreichen dennoch recht hohe Temperaturen und sollten nicht leichtsinnig behandelt werden. Rein theoretisch kann man damit vermutlich auch bügeln.

Wachskreiden

Nicht alle Wachskreiden sind für Encaustic geeignet. ACHTUNG! Vorsicht ist besser als Nachsicht! In manchen Kreiden können sich Giftstoffe befinden, die durch Hitze freigesetzt werden! Echte Encaustic-Kreiden haben einen hohen Anteil an Bienenwachs und schmelzen daher besser. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann offizielles Encausticwachs kaufen. Generell ist aber alles, was aus reinem Bienenwachs besteht, komplett unbedenklich.

Papier

Encausticpapier ist beschichtet und hitzebeständig. Gewöhnliches Papier ist nicht nur zu dünn, es stellt auch eine Brandgefahr dar. Daher sollte IMMER echtes Encausticpapier verwendet werden!

Schaber

Bei vielen Wachsmalkreiden wird ein Plastikschaber mitgeliefert. Schmeißt ihn weg! Dieses Ding funktioniert schon bei regulären Wachsmalzeichnungen nicht, bei Encaustic werdet ihr entweder keinen Kratzer verursachen oder ganze Wachsplatten abbrechen. Stattdessen sollte man sich einen Metallschaber besorgen, der auch durch hartes Wachs schneiden kann.

Techniken

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Wachs auf Papier zu bringen. Die bekanntesten und wichtigsten sind hier einmal aufgelistet.

Streichen

Dabei wird Wachs direkt auf das Eisen aufgetragen und auf das Papier gebracht. Dabei kann das Eisen auf verschiedenste Arten bewegt werden. Hier habe ich es ohne abzuheben mehrfach vor- und zurückbewegt.

Saugen

Das Eisen wird, ohne daran haftendes Wachs, auf eine bereits gezeichnete Wachsfläche gepresst und abgezogen. Die durch diesen Saugeffekt entstehende Struktur variiert je nachdem, in welchem Winkel das Eisen abgezogen wird.

                                      

Kante

Das Eisen wird mit der Kante auf die Wachsfläche gelegt und nach vorne weggezogen. Die so erschaffenen Rillen können für Muster und Strukturen verwendet werden.

Spitze

Ein einzelner Punkt Farbe wird aufgetragen und mit der Spitze des Eisens verwischt, um Linien zu ziehen. Je nach Größe des Punktes und Anzahl der Linien können dadurch verschiedene Effekte entstehen.

Schaber

Mit einem Metallschaber kann das Wachs nachträglich abgekratzt werden. So wird das darunter liegende Papier sichtbar. Hierfür kann auch farbiges Encausticpapier genutzt werden.

Encaustic-Grundkurs

Nun möchte ich jetzt noch einen praktischen Einblick in die Encaustic geben. Dafür werde ich  ein komplettes Bild in der Encaustic-Technik malen. Besagtes Bild ist relativ simpel und auch für Anfänger gut geeignet, da es alle zuvor beschriebenen Techniken und Werkzeuge nutzt.

Schritt 1: Vorbereiten

Für Encaustic ist eine gewisse Schnelligkeit vonnöten, um das Wachs in der richtigen Konsistenz zu halten. Daher sollte der Arbeitsplatz immer gut aufgeräumt & vorbereitet sein. Für dieses Bild benutze ich die Papiergröße DinA6. Wenn alle Materialien vorbereitet sind, wird das Maleisen eingesteckt und auf Stufe 2 gestellt, um es aufzuheizen.

Schritt 2: Himmel

Nach etwa drei bis fünf Minuten ist das Maleisen heiß genug, um zu beginnen und kann auf eine Temperatur zwischen Stufe 1 und 2 eingestellt werden. Der erste Strich sollte bei einer Landschaft immer der Himmel sein. Dafür werde ich die Farbtöne Blau und Violett in Streifen auf den vorderen Teil des Maleisens auftragen und mit einer einzigen horizontalen Bewegung auf das Papier bringen.

Schritt 3: Eisen reinigen

Dieser Schritt ist extrem wichtig und muss nach jedem weiteren Schritt wiederholt werden. Dafür benutze ich sogenanntes Klarwachs, also farbloses, transparentes Wachs. Dieses Wachs wird auf das heiße Eisen aufgetragen und mit einem Taschentuch abgewischt, um Wachsreste zu entfernen. Die Reinigung muss gründlich sein, da sich sonst die verschiedenen Wachstöne vermischen.

Schritt 4: Hügel

Jetzt, wo das Eisen wieder sauber ist, kann der nächste Schritt beginnen. Hügel werden auf eine ähnliche Weise gemalt wie der Himmel. Zuerst trage ich zwei verschiedene Grüntöne und ein wenig Silber auf die rechte Hälfte des Maleisens auf. Anschließend wird das Eisen am linken Rand des Papieres angesetzt und mit einer bogenförmigen Bewegung nach unten gezogen. Dieser Schritt kann nun vom rechten Rand wiederholt werden. Nach diesem Schritt muss das Eisen nicht gereinigt werden.

Schritt 5: Vordergrund.

Mithilfe der Saugtechnik kann ich dem Vordergrund mehr Struktur verleihen. Dafür drücke ich das Eisen auf den unteren Rand des Bildes und ziehe es nach oben ab. Dies mache ich mehrfach, um den kompletten unteren Rand zu strukturieren. Anschließend drehe ich das Eisen auf die Seite, um die Kante einzusetzen. Ich lege die Kante hochkant gegen den Rand des Bildes und ziehe das Eisen nun ein Stück in Richtung der oberen Kante, um eine Linie zu ziehen. Dies wird mehrfach wiederholt. Anschließend wird das Eisen gesäubert.

Schritt 6: Vögel

Die Spitze des Eisens wird in den schwarzen Wachsstift gedrückt. Danach setzt man mit der nun schwarzen Spitze einige Punkte in den Himmel. Die Spitze wird nun in die Mitte eines solchen Punktes gesetzt und mit einer leichten Bogenbewegung zu beiden Seiten weggezogen. So werden alle zuvor gesetzten Punkte bearbeitet, um mehrere Vögel zu zeichnen. Auch nach diesem Schritt muss das Eisen gereinigt werden.

Schritt 7: Baum

Erneut wird die Spitze des Eisens mit Wachs bedeckt. Diesmal werde ich braunes Wachs verwenden. An die Stelle, an der ich meinen Baum zeichnen will, setze ich nun übereinander zwei Wachstropfen auf das Papier. Mit der Spitze ziehe ich die Tropfen erst ineinander, danach ziehe ich damit, ähnlich dem vorherigen Schritt, mehrere Linien, um meinem Baum Äste und Wurzeln zu geben. Nun muss ich das Eisen erneut reinigen, um anschließend grünes Wachs auf die Äste tropfen zu lassen. So gebe ich dem Baum Blattwerk.

Schritt 6: Schaber

Dies ist der letzte Schritt. Zuerst kann das Maleisen ein letztes Mal gesäubert und anschließend abgeschaltet und ausgesteckt werden. Danach benutze ich den Schaber, um mehrere Sterne in den Himmel zu kratzen. Dabei ist Vorsicht geboten, denn wenn das Wachs (wie beispielsweise beim Baum) sehr dick ist, kann es absplittern. Der Schaber sollte daher nur auf dünnen Wachsschichten genutzt werden.

Und damit habe ich eine Encaustic-Landschaft gemalt!